Rezension | "Summ, wenn du das Lied nicht kennst" - Bianca Marais

Samstag, 10. November 2018

Mit einer eindeutigen Buchempfehlung melde ich mich heute aus den Tiefen meines Uni-Alltags zurück. Diesen Roman habe ich zwar schon im Sommer gelesen, aber eine Rezension möchte ich euch nicht vorenthalten... und was gibt es Schöneres, als die Vorbereitung einer Hausarbeit zu prokrastinieren? ;-)
 
 "Die neunjährige Robin verliert während des Aufstands von Soweto ihre Eltern und kommt in die Obhut ihrer Tante. Um Robin soll sich die Kinderfrau Beauty Mbali kümmern. Nach anfänglichem Widerstand fasst das traumatisierte Mädchen Vertrauen zu Beauty, die in Johannesburg nach ihrer Tochter sucht. Doch Robin fürchtet, dass Beauty sie verlässt, sobald Nomsa gefunden ist. Verzweifelt trifft sie eine folgenschwere Entscheidung." (Quelle: Wunderraum Verlag)

Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Belletristik
Sprache: Deutsch
Verlag: Wunderraum
Seiten: 507


1976, Studentenaufstände in Soweto (Südafrika) – ein Thema, welches zusammen mit der Apartheid oftmals gekonnt unter den Tisch gekehrt wird, ist in „Summ, wenn du das Lied nicht kennst“ Dreh- und Angelpunkt des Romans.
Ein schwieriges Thema, keine Frage. Doch Bianca Marais eröffnet dem Leser ganz authentisch und unverblümt die Facetten des Hasses, der Rassentrennung, aber auch der puren Liebe in Zeiten wie diesen.

Robin Conrad, das neunjährige weiße Mädchen aus Johannesburg, lernt Beauty Mbali kennen, als diese für den Job als Kindermädchen für Robin engagiert wird.
Beauty, studierte Lehrerin, ist auf der Suche nach ihrer eigenen Tochter, die während der Studentenaufstände eine Gruppe an Schülern anführte und plötzlich spurlos verschwand. Aus ihrem kleinen Dorf kommend, muss Beauty sich in der Stadt behaupten, in der schwarze Frauen nur als Abschaum und Sklaven gesehen werden. Auch Robin steht ihr kritisch gegenüber, verunsichert, weil ihre Eltern doch von Dunkelhäutigen Arbeitern ermordet wurden und ihr die „weiße“ Meinung über Rassentrennung schon in die Wiege gelegt wurde.

Doch es entspinnt sich eine wundervolle Freundschaft zwischen Beauty und dem kleinen Mädchen, die die Autorin eindrucksvoll schildert. Die Leichtigkeit im Umgang der beiden miteinander ist ein Ruhepol in der grausamen Realität der Apartheid und ich als Leserin wurde von ihrer Beziehung gefesselt, mitfiebernd, dass sie sich nicht wieder verlieren.
Robin war für ein Kind in ihrem Alter geistlich sehr weit entwickelt, sodass ihr gedankliches Innenleben manchmal trotz ihrer Verluste etwas unglaubwürdig erschien - meiner Ansicht nach kann darüber aber hinweggesehen werden, wenn man sich im Vergleich die Ausgefeiltheit des gesamten Erzählung vor Augen führt.

Der Roman ist eine wundervolle Hommage an die (Nächsten-)Liebe und den Zusammenhalt in solch rauhen Zeiten, ich empfand Trauer und Freude gleichermaßen mit den beiden Protagonistinnen aufgrund der eindrucksvollen Erzählweise Bianca Marais'. Nicht selten musste ich jedoch Pausen beim Lesen einlegen, denn die Komplexität des Romans konnte ich nur schwer nebenbei verarbeiten. Es ist nicht nur eine Geschichte über Freundschaft, sondern so viel mehr: Eine Aufarbeitung Marais' persönlicher Erlebnisse in ihrem Geburtsland Südafrika und ein Wachrütteln der Gesellschaft für die fehlgeleitete Politik eines Staates, der die Vorurteile gegen Dunkelhäutige, Juden und auch Homosexuelle nicht bekämpft, sondern schürt.

Ein ernstes Thema, aber eine wahnsinnig emotionale Schilderung, sodass ich dem Buch mit gutem Gewissen alle fünf Herzen verleihen kann.

Bewertung




 Habt ihr das Buch schon gelesen?

xx Isa

2 Kommentare

  1. Hallo Isa,
    deine Buchempfehlung sagte mir bis eben noch nichts. Deine Worte zum Buch klingen aber sehr interessant. Es ist ein wichtiges Thema, was hier scheinbar auch sehr gut umgesetzt wurde. Vielen Dank für diese wundervolle Rezension :o)

    Ganz liebe Grüße
    Tanja

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    1. Liebe Tanja,

      es freut mich, wenn dich das Buch angesprochen hat - den Wunderraum-Verlag kannte ich bis vor diesem Roman ebenfalls noch nicht und bin nun sehr darüber erstaunt, weil ziemlich viele spannende und sehr tolle Bücher in ihrem Programm sind.
      Und die Aufmachung ist einfach toll ;D

      Ich wünsche dir noch einen schönen Sonntagnachmittag,
      Isa

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